Die globalen Finanzmärkte zeigen sich am Dienstag nervös, und ein Hauptgrund für die wachsende Unsicherheit findet sich jenseits des Atlantiks: Die ersten Monate der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump senden bereits deutliche Schockwellen durch die Wirtschaft. Von drastischen Haushaltskürzungen über eine aggressive Handelspolitik bis hin zu überraschenden außenpolitischen Manövern – es zeichnet sich ab: Trumps Wirtschaftspolitik ist nicht nur ein Schlagwort, sondern bereits gelebte Realität mit spürbaren Folgen. Doch was bedeutet diese neue Ära konkret für Unternehmen, Anleger und die Stabilität der Weltwirtschaft?
Trumps neue Wirtschaftsagenda: Radikalkur für Amerika?
Die Devise der neuen Trump-Administration lautet offenbar: Umbau statt Kontinuität. Ein zentraler Pfeiler dieser Trumps Wirtschaftspolitik ist die drastische Reduktion staatlicher Ausgaben. Finanzminister Scott Bessent verkündete stolz, dass bereits zwei Milliarden Dollar aus dem IT-Budget der Steuerbehörde IRS gestrichen wurden, ohne dass dies zu betrieblichen Störungen geführt habe. Weitere hunderte Millionen sollen durch die Automatisierung der Bearbeitung von Papierformularen eingespart werden. "Durch politische Änderungen und Automatisierung strebt das Finanzministerium an, diese Kosten bis zum Ende der zweiten Amtszeit von Präsident Trump auf unter 20 Millionen Dollar zu senken," erklärte Bessent vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses. Dieser Sparkurs, der auch Kürzungen in Bildung, Wohnungsbau und medizinischer Forschung vorsieht, soll zu Einsparungen von 163 Milliarden Dollar führen. Bessent verteidigte die Kürzungen und sieht im IT-Bereich, insbesondere durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Potenziale zur "Verbesserung der Einnahmeerhebung".
Gleichzeitig setzt Trump, wie in seiner ersten Amtszeit, auf eine protektionistische Handelspolitik. Die Einführung von Zöllen hat bereits zu ersten Verwerfungen geführt. So zeigte der BIP-Bericht für das erste Quartal einen überraschenden Rückgang von 0,3%. Ein wesentlicher Grund hierfür war ein Anstieg der Importe – Unternehmen hatten offenbar versucht, Waren ins Land zu holen, bevor die neuen Zölle in Kraft treten. Obwohl Trump am Sonntag andeutete, dass Washington mit vielen Ländern, einschließlich China, im Gespräch sei und sein Hauptziel ein "fairer Deal" mit Peking sei, bleibt die Unsicherheit hoch. "Wir müssen jetzt sehen, dass einige Deals angekündigt werden, sonst wird der Anstieg der Aktien wieder verblassen," kommentierte Lars Skovgaard von der Danske Bank die Lage. Die europäischen Märkte reagierten entsprechend nervös; der Dax gab beispielsweise deutlich nach.
Innenpolitische Zerreißprobe: Zwischen Sparzwang und sozialen Konflikten
Die neue Haushaltslinie sorgt erwartungsgemäß für heftige innenpolitische Auseinandersetzungen. Während die Trump-Regierung auf Einsparungen pocht, versuchen die Demokraten im Repräsentantenhaus, Kürzungen bei wichtigen Sozialprogrammen wie Medicaid und der Lebensmittelhilfe abzuwenden. Sie starteten am Dienstag eine sogenannte "Discharge Petition", um eine Abstimmung über ein Gesetz zu erzwingen, das diese Programme vor Einschnitten schützen soll, die Trumps Steuersenkungen gegenfinanzieren sollen. Angesichts der republikanischen Mehrheit im Unterhaus dürfte dies jedoch ein schwieriges Unterfangen werden.
Ein weiteres Damoklesschwert über der US-Wirtschaft ist die drohende Schuldenobergrenze. Finanzminister Bessent warnte eindringlich: "Ich werde Ihnen sagen, wie ein Outfielder, der einem Fly Ball hinterherläuft: Wir sind auf der Warnspur." Dies bedeute, die "Mauer" sei nicht mehr fern. Zwar versicherte Bessent, dass die US-Regierung einen Zahlungsverzug nicht riskieren und auch keine "Tricks" anwenden werde, um das Limit zu umgehen. Dennoch bleibt die Frage, wie und wann eine Anhebung oder Aussetzung der Schuldenobergrenze erfolgen wird. Interessanterweise stimmte Bessent seiner Vorgängerin Janet Yellen zu, dass die Schuldenquote im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt die entscheidende Kennzahl sei. "Also versuchen wir sowohl, die absolute Höhe der Schulden zu kontrollieren – sie abzubauen – als auch das BIP zu steigern," so Bessent, der die Ausgabenpolitik der Biden-Regierung kritisiert hatte.
Die politische Landschaft unter Trump ist auch von kontroversen Personalentscheidungen geprägt. So wird Ed Martin, Trumps Kandidat für den Posten des obersten Bundesanwalts in Washington D.C., voraussichtlich keine Bestätigung durch den Senat erhalten, bevor seine Interimszeit Ende Mai ausläuft. Widerstand, selbst aus republikanischen Reihen wie von Senator Thom Tillis, gibt es wegen Martins Amtsführung und seiner Unterstützung für Teilnehmer des Kapitol-Sturms vom 6. Januar 2021. Dies markiert einen seltenen Rückschlag für eine Trump-Nominierung.
Außenpolitik und globale Marktturbulenzen: Das Beben erreicht die Welt
Die Auswirkungen von Trumps Wirtschaftspolitik und seinen politischen Entscheidungen bleiben nicht auf die USA beschränkt. Am Dienstag kündigte Präsident Trump überraschend an, die USA würden die Bombardierung der Houthis im Jemen einstellen. Grund sei eine angebliche Zusage der vom Iran unterstützten Gruppe, wichtige Schifffahrtsrouten im Nahen Osten nicht länger zu attackieren. "Sie sagten, bitte bombardiert uns nicht mehr, und wir werden eure Schiffe nicht angreifen," so Trump. Eine Bestätigung vonseiten der Houthis stand zunächst aus. Diese Entwicklung kommt inmitten erhöhter Spannungen, nachdem Israel zu Wochenbeginn Luftangriffe auf Ziele im Jemen geflogen hatte, als Reaktion auf Houthi-Raketen. Ein solcher Schritt könnte die geopolitische Lage im Nahen Osten und damit auch die globalen Handelsströme maßgeblich beeinflussen.
Die globalen Aktienmärkte zeigten sich am Dienstag deutlich angeschlagen. Neben den Sorgen um Zölle und deren wirtschaftliche Folgen sorgte auch politische Unsicherheit in Deutschland für Verkaufsdruck, wo Friedrich Merz im ersten Anlauf überraschend nicht zum Kanzler gewählt wurde. "Ich habe überhaupt nicht erwartet, was heute passiert ist," kommentierte George Lagarias, Chefökonom bei Forvis Mazars. "Die Märkte werden extrem negativ überrascht sein, wenn Merz nicht zum Kanzler gewählt wird und Deutschland ins Chaos stürzt."
Die Federal Reserve, die am Dienstag ihre zweitägige Sitzung beginnt, dürfte die Zinsen zwar stabil halten, doch der Fokus liegt darauf, wie die Notenbanker den von Zöllen geprägten Pfad navigieren wollen. "Wir gehen davon aus, dass sie sich für einen etwas falkenhafteren Ton entscheiden werden, aber eher in Richtung einer verlängerten Pause als einer potenziellen Zinserhöhung," meinte Christian Scherrmann, US-Chefökonom der DWS. Am Devisenmarkt gab der Dollar nach, stieg aber gegenüber einigen asiatischen Währungen. Der Ölpreis erholte sich nach früheren Verlusten, während Gold als sicherer Hafen auf ein Zweiwochenhoch kletterte.
Fazit: Trumps Handschrift ist unverkennbar
Obwohl Präsident Trump gerne wirtschaftliche Erfolge für sich reklamiert und Misserfolge der Vorgängerregierung zuschreibt, zeigt eine genauere Analyse der aktuellen Wirtschaftsdaten – vom Arbeitsmarkt im April über das BIP im ersten Quartal bis hin zum Verbraucherpreisindex – dass Trumps Wirtschaftspolitik bereits jetzt deutliche Spuren hinterlässt. Die Veränderungen bei Staatsausgaben, die Handelspolitik und außenpolitische Entscheidungen prägen das Bild. "Es ist bereits Trumps Wirtschaft, und er muss anfangen, sowohl für das Gute als auch für das Schlechte die Verantwortung zu übernehmen," so eine Analyse von Investing.com. Für Anleger und die Weltwirtschaft bedeutet dies eine Phase erhöhter Unsicherheit und die Notwendigkeit, die oft sprunghaften Entscheidungen aus Washington genau zu beobachten. Die kommenden Monate werden zeigen, wie nachhaltig die "Schocktherapie" der neuen Trump-Regierung die wirtschaftlichen Fundamentaldaten verändert.