US-Zölle erschüttern globale Märkte

US-Handelspolitik verunsichert Märkte, während Europas Wirtschaft schwächelt und Deutschland überraschend optimistisch bleibt. Währungen reagieren heftig auf die Entwicklungen.

FALLBACK Aktie
Kurz & knapp:
  • US-Zölle könnten auf bis zu 70 Prozent steigen
  • Eurozone verzeichnet sinkende Einzelhandelsumsätze
  • Deutschland plant großes Infrastrukturpaket
  • Dollar mit stärkstem Halbjahresverlust seit 1973

Die internationalen Finanzmärkte stehen vor einem entscheidenden Wendepunkt. Während die US-Regierung ihre aggressive Handelspolitik vorantreibt, zeigen sich weltweit unterschiedliche Reaktionsmuster – von schwächelnden Wirtschaftsdaten bis hin zu überraschenden Währungsverschiebungen.

Handelspolitik als Marktschreck

Die Unsicherheit um die US-Zollpolitik erreicht einen neuen Höhepunkt. Am 9. Juli läuft die Aussetzung der "Vergeltungszölle" aus, die derzeit bei 10 Prozent liegen, aber auf bis zu 70 Prozent ansteigen könnten. UBS-Analysten warnen vor einem "erheblichen Einfluss" auf die Weltwirtschaft, da die gewichtete durchschnittliche US-Importabgabe bereits auf 16 Prozent gestiegen ist – ein Anstieg um 2 Prozent seit Jahresbeginn.

Diese Entwicklung entspricht einer Steuerbelastung von 500 Milliarden Dollar für US-Importeure. Gleichzeitig zeigen sich die Auswirkungen bereits in den Wirtschaftsdaten: Die harten Konjunkturindikatoren verschlechtern sich schneller als die Stimmungsindikatoren sich verbessern. Capital Economics betont jedoch, dass die Zollunsicherheit die US-Märkte nicht zum Entgleisen bringen dürfte – amerikanische Aktien notieren weiterhin nahe Allzeithochs.

Eurozone kämpft mit Konjunkturschwäche

Während die USA ihre Handelspolitik verschärfen, zeigt sich in der Eurozone eine bedenkliche Wirtschaftsschwäche. Die Einzelhandelsumsätze brachen im Mai um 0,7 Prozent ein, nachdem sie zu Jahresbeginn noch Stärke gezeigt hatten. Parallel dazu sank die Dienstleistungsaktivität im April um 0,3 Prozent.

ING-Analysten sehen in diesen Daten eine Bestätigung ihrer Prognose für ein negatives Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal. Die Sparquote steigt aufgrund hoher Unsicherheit, während das Verbrauchervertrauen niedrig bleibt. Dieser Trend könnte europäische Handelsviertel langfristig belasten.

Deutschland überrascht mit Optimismus

Einen Lichtblick bietet überraschenderweise Deutschland. UBS-Ökonomen berichten nach Gesprächen in Berlin von einer deutlich besseren Stimmung als in den Vorjahren. Die neue Regierung wirke "ernsthaft um Veränderungen bemüht" und zeige Interesse daran, ihr Ansehen bei internationalen Investoren zu verbessern.

Ein massives Fiskalpaket mit Fokus auf Verteidigung und Infrastruktur soll das Wachstum ankurbeln. Über 12 Jahre verteilt sich ein 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds, während die Verteidigungsausgaben steigen. Die meisten Prognostiker haben ihre BIP-Prognosen für 2025 auf über 1 Prozent angehoben – UBS erwartet 1,2 Prozent.

Währungsmärkte in Aufruhr

Die Handelspolitik wirkt sich gravierend auf die Währungsmärkte aus. Der Dollar verzeichnet das schlechteste erste Halbjahr seit 1973 mit einem Rückgang von 11 Prozent. Chinas Zentralbank führte vergangene Woche eine Umfrage über die Dollar-Schwäche durch, was als Zeichen der Sorge über eine starke Yuan-Aufwertung interpretiert wird.

Divergierende Zinspolitik

Die geldpolitischen Aussichten zeigen regionale Unterschiede auf. Während die Federal Reserve aufgrund der Zollunsicherheit weiterhin zögert, rechnet Capital Economics nicht mit US-Zinssenkungen in diesem Jahr. In Südafrika hingegen sieht die Lage anders aus: Eine deutlich größere negative Produktionslücke könnte Raum für Zinssenkungen auf 5,75 Prozent schaffen, da die Inflation konstant unter den Erwartungen liegt.

Ausblick auf volatile Zeiten

Die kommenden Wochen werden entscheidend für die Marktrichtung. Während Trump ankündigt, Handelspartnern bis zum 9. Juli neue Zollsätze mitzuteilen, bereiten sich die Märkte auf weitere Volatilität vor. Die Veröffentlichung der Fed-Sitzungsprotokolle am Mittwoch könnte zusätzliche Einblicke in die US-Geldpolitik liefern.

Die globale Wirtschaft steht vor einem Spannungsfeld zwischen protektionistischen Tendenzen und dem Bedürfnis nach internationaler Zusammenarbeit. Während einige Regionen wie Deutschland überraschend optimistisch in die Zukunft blicken, kämpfen andere mit konjunkturellen Herausforderungen. Die Märkte müssen sich auf eine Phase erhöhter Unsicherheit einstellen, in der handelspolitische Entscheidungen zunehmend die Kursrichtung bestimmen werden.

Über Felix Baarz 225 Artikel
Mit über fünfzehn Jahren Erfahrung als Wirtschaftsjournalist hat sich Felix Baarz als Experte für internationale Finanzmärkte etabliert. Seine Leidenschaft gilt den Mechanismen globaler Finanzmärkte und komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, die er für seine Leserschaft verständlich aufbereitet.In Köln geboren und aufgewachsen, entdeckte er früh sein Interesse für Wirtschaftsthemen und internationale Entwicklungen. Nach seinem Studium startete er als Wirtschaftsredakteur bei einer renommierten deutschen Fachpublikation, bevor ihn sein Weg ins Ausland führte.Ein prägendes Kapitel seiner Karriere waren die sechs Jahre in New York, wo er direkten Einblick in die globale Finanzwelt erhielt. Die Berichterstattung von der Wall Street und über weltweite wirtschaftspolitische Entscheidungen schärfte seinen Blick für globale Zusammenhänge.Heute ist Felix Baarz als freier Journalist für führende Wirtschafts- und Finanzmedien im deutschsprachigen Raum tätig. Seine Arbeit zeichnet sich durch fundierte Recherchen und präzise Analysen aus. Er möchte nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch deren Bedeutung erklären und seinen Lesern Orientierung bieten – sei es zu wirtschaftlichen Trends, politischen Entscheidungen oder langfristigen Veränderungen in der Finanzwelt.Zusätzlich moderiert er Diskussionen und nimmt an Expertenrunden teil, um sein Wissen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei liegt sein Fokus darauf, komplexe Themen informativ und inspirierend zu vermitteln. Felix Baarz versteht seine journalistische Aufgabe darin, in einer sich schnell wandelnden Welt einen klaren Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen und seine Leser bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen – beruflich wie privat.