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Vollgeld in der Schweiz – Schweizer Franken in Gefahr?

Eine der spannendsten Finanzgeschichten unserer Zeit findet gerade in der Schweiz statt. Denn heute wird per Volksabstimmung in der Schweizerischen Eidgenossenschaft über das Vollgeld abgestimmt.

 

Unser Geldsystem ist anfällig für Wirtschafts- und Finanzkrisen. Seit Jahrhunderten kehren diese in regelmäßigen Abständen wieder und bis heute wurde noch kein „Heilmittel“ gegen diese gefunden. Allerdings gibt es Menschen, die glauben, dass im Vollgeld eine mögliche Lösung zu finden ist. Aus diesem Grund schaffte es dieses Konzept zur Volksabstimmung in der Schweiz. Umfragen zufolge sind immerhin ein Drittel der Bevölkerung für diese Art der Geldreform. Ein weiterer großer Teil ist noch unentschlossen. Beobachter rechnen allerdings nicht mit einem Erfolg. Aber was wäre, wenn doch?

 

Vollgeld ist anders

Die Geldschöpfung in unserem Geldsystem geschieht auf verschiedenen Ebenen. Neben den Notenbanken können auch Geschäftsbanken „aus dem Nichts“ Geld erschaffen. Dieses geschieht durch Kreditvergabe.

So funktioniert dies: Bei der Gewährung von einem Darlehen in Höhe von 1 Millionen Euro entsteht in der Bankenbilanz eine Forderung an den Schuldner. Gleichzeitig hat allerdings auch der Schuldner eine Forderung in gleicher Höhe gegen die Bank. Immerhin stellt die Bank ihm den Betrag auf dem Girokonto zur Verfügung.

Diese Geldschöpfung ist nicht zu vernachlässigen – im Gegenteil. Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken macht den Großteil des erzeugten Geldes in unserem System aus. Und genau das möchten die Schweizer Initiatoren nun ändern!

In einem reinen Vollgeldsystem wäre die Macht der Geldschöpfung ausschließlich im Bereich der Notenbank zu finden. Geschäftsbanken würden die Macht verlieren, Geld „aus dem Nichts“ zu erzeugen und würden so zukünftig die Zyklen der Kreditexpansion nicht zusätzlich befeuern können. Auch im Falle einer Rezession würden sie durch restriktive Kreditvergabe keinen verstärkenden Effekt mehr haben, da die Notenbank alleine über die Geldmenge entscheiden kann. Ein schöner Traum.

 

Banken im Vollgeldsystem

Banken würde in einem System aus Vollgeld bestehend in der Tat zu dem werden, was die meisten uninformierten Menschen heute sowieso schon glauben. Sie würden Ersparnisse und Geld in Form von Zentralbankgeld verleihen, statt sie im Kreditvergabeprozess zu erschaffen. Doch ist das wirklich die Lösung für das Problem mit unserem Geld?

Nein.

 

Der Markt sucht sich seinen Weg

Sollte zukünftig nur die Zentralbank die Geldmenge direkt steuern können, wäre das Volumen der Geldmenge recht starr und unangepasst auf die tagesaktuelle Situation an den Märkten. In der Tat würde die Krisenanfälligkeit durch exzessive Kreditexpansion oder Kontraktion innerhalb der Geschäftsbanken deutlich reduziert werden können.

Allerdings ist eine Notenbank in Sachen Geld etwa vergleichbar mit der zentralen Planung der gesamten Wirtschaft in der DDR. Zentrale Planung kann niemals so effektiv sein, wie die Planung und Gewährung vor Ort. Welche Auswirkungen wären also denkbar, wenn es nicht die Expansion oder Kontraktion der Buchgeldmenge ist?

 

Zinsen – Preis des Geldes

Da die Banken ihre Macht der Geldschöpfung verlieren würden, müsste ein neues Steuerungselement erschaffen werden, welche die Nachfrage nach Geld vor Ort regelt. Oder existiert dieser Mechanismus bereits? Natürlich tut er das!

Der Zins ist in diesem „Vollgeld-Modell“ das Medium der Kreditsteuerung vor Ort. Die Zeiten, in denen der Zinssatz recht planbar für Konsumenten und Investoren um einen gewissen Trend schwankten, dürften so vorbei sein. Wenn die Bank durch ein „Diktat von oben“ nur eine gewisse Menge an Geld zur Verfügung stellen darf, wird der Zins zum neuen Medium der Kontrolle. Selbst eine leichte Über- oder Unterversorgung mit Zentralbankgeld würde dramatische Zinsschwankungen mit sich bringen und so eine neue Art von Krise verursachen.

Diese Krisenart würde nicht wie früher durch jahrelange Fehlallokation in der Wirtschaft entstehen, sondern sehr schnell durch den veränderten Preis für Investitionen. Nur eine völlige Überversorgung mit Zentralbankgeld vom ersten Tag an würde dieses Problem bekämpfen. Allerdings würde es in dieser Situation die Entstehung von Vermögensblasen zusätzlich befeuern. Wo ist also der wahre Vorteil des Vollgeldsystems?

 

Schweizer Rentenversicherung baut physisches Gold-Investment aus

 

Vorteil des Vollgeldsystems

Der wahrhaftige Vorteil des in der Schweiz angedachten Systems würde in der neuen Eigenschaft des Geldes liegen. Jeder Bürger hätte auch ohne Bargeld abzuheben direkt Zentralbankgeld als Ersparnis auf seinem Konto. Aus diesem Grund wären Spareinlagen so sicher wie niemals zuvor in der Geschichte der modernen Finanzwirtschaft. Diese Umstand kann nicht bestritten werden. Doch sind die Vorteile es wert, die Nachteile zu tragen?

 

Nachteil des Vollgeldsystems

Der gehörige und meist völlig ignorierte Nachteil des Vollgeldsystems ist die neue Bedeutung des Zinses. In dem geplanten System würden die Zinszyklen eine völlig neue Dimension einnehmen.

Diese würden es der Schweizer Wirtschaft enorm schwer machen, zu bestehen. Die Zinsunterschiede könnten von Monat zu Monat deutlich schwanken. Immerhin kann keine zentrale Institution so dicht am Markt planen, dass solche Zyklen nicht auftreten würden. Nur eine Überversorgung mit Geld könnte dieses Problem lösen, würde aber gänzlich andere Probleme damit schaffen.

 

Wie würde der Schweizer Franken reagieren?

Wie ich gestern im Spiegel lesen konnte, erwartet Steno Larsen, Experte bei der Bank Nordea einen abstürzenden Franken, sollte es zu einem „Ja“ in der Initiative kommen. Dieser Meinung könnte ich mich nicht anschließen.

 

1 Schweizer Franken
Schweizer Franken – Würde er steigen oder fallen?

 

In einem System, in dem die Geldmenge zukünftig komplett aus Zentralbankgeld besteht und so die höchste Sicherheitsstufe von Geld überhaupt inne hat, wäre diese Schlussfolgerung schwer denkbar.

Die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft und die damit wahrscheinlich einhergehende Kontraktion wäre ebenfalls kein Argument für ein Absinken des Kurses. Das sehen wir in Japan.

Sollten dann auch noch die Renditen am Markt zulegen, wäre es die beste Situation für einen extrem starken Franken überhaupt. In meinen Augen müsste der Franken stark aufwerten. Sollte es der Kapitalmarkt in den ersten Stunden und Tagen anders sehen, dürfte mit einer Spekulation auf eine Gegenbewegung eine Menge Geld zu machen sein. So jedenfalls interpretiere ich die Sachlage.

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