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Broker Robinhood: Wolf im Schafspelz

Vor einigen Tagen wurde ich von einem mir nahe stehenden jungen Mann gebeten, ihm doch mal etwas zum Thema Aktien zu erklären. Er findet das super spannend und würde auch gern beginnen, zu investieren. Dabei kamen wir auch auf das Thema Robinhood, wozu ich hier weitere Informationen streuen möchte.

Was muss man über den Broker wissen?

Just zu diesem Zeitpunkt machte leider eine traurige Mitteilung die Runde. Ein junger Mann aus Illinois setzte mit 20 Jahren seinem Leben ein Ende, da er wohl meinte, bei Robinhood, dem Zero Commission Broker aus Delaware mit 730.000 Dollar in der Kreide zu stehen. Alexander Kearns, so sein Name, handelte bei dem sehr populären Newcomer u.a. Optionen.

Für Robinhood natürlich der absolute mediale Obergau. Wie kann es sein, dass ein junger Mann mit 20 Jahren, ohne Einkommen und noch bei den Eltern wohnend in eine derartige, für ihn offenbar aussichtslose Situation kommen kann.

Screenshot Twitter Bill Brewster

Die Gründer von Robinhood haben dieses tragische Ereignis nun zum Anlass genommen, sowohl aufklärende Hinweise und Schulungen als auch technische Änderungen an der Plattform, vor allem beim Optionshandel vornehmen zu wollen.

Für das soziale Gewissen waschen Sie sich nun auch mit einer Spende von 250.000 Dollar an die amerikanische Gesellschaft für Selbstmordprävention rein…

Alexander war offenbar einer von 3 Millionen neuen Kunden, die Robinhood laut Forbes im ersten Quartal 2020 gewinnen konnte. Robinhood mischt seit wenigen Jahren das Brokerage in den USA auf und zwang inzwischen mehrere große Wettbewerber wie Schwab, eTrade oder Ameritrade, dem Zero Commission Zug zu folgen.

Was haben nun der tragische Fall des Alexander mit meinem Bekannten gemeinsam?

Aktien sind wieder in, vor allem unter jungen Menschen. Mobile Anwendungen wie Robinhood oder Trade Republic befeuern den Run auf das schnelle Geld und Corona sorgte für ausreichend Zeit, den schmalen Taler an der Börse vermehren zu wollen. Nicht ganz unschuldig dabei ist die Gelddruckmaschine himself…die Federal Reserve, Athanasios Psarofagis empfahl ihr gar, einen Robinhood Account zu eröffnen, um Kommissionen beim Kauf der ETF zu sparen.

Screenshot Twitter

Ist Robinhood ein Wohltäter der Anleger?

Wer das glaubt, glaubt auch an fliegende Kühe…

Ich hatte schon vor einigen Wochen auf meinem Blog darauf hingewiesen, dass Zero Commission ein großer Bluff ist. Eigentlich müsste der Slogan von Robinhood lauten – „Hier werden Sie gef***t“.

Der vermeintliche Wohltäter verkauft den Orderflow seiner Schäfchen für gutes Geld an die Wölfe, die sich dann mit ihren Algos vor die braven Lämmer setzen und sie rasieren…

Dies läpperte sich im ersten Quartal 2020 immerhin auf gut 100 Mio Dollar zusammen. Wer es im Detail nachlesen möchte, kann dies gern hier tun. Citadel, Two Sigma und Wolverine warten auf die Orders…

Wolv(f)erine finde ich sehr passend…

Screenshot Twitter Frank Chaparro

Auch wenn Zerohedge u.a. dies jetzt verstärkt publik machten, es war schon immer Praxis bei Robinhood. Dafür wurden Sie übrigens auch letztes Jahr mit einer Buße von 1,25 Mio Dollar durch die FINRA belobigt. Allerdings nur wegen irreführender Werbung. Die Praxis an sich, also der Verkauf des Orderflows an Dritte ist ja nicht rechtswidrig.

Trade Republic – die deutsche Robinhood ?

Zumindest in der Beliebtheit unter jungen Investoren hier in Deutschland braucht sich Trade Republic vor dem amerikanischen Vorbild nicht verstecken. Das Startup aus Berlin hat mit den Geburtshelfern von Ingo Hillen’s sino AG inzwischen den Sprung geschafft und kann sich über mehr als 150.000 neue Kunden freuen.

Der Popularität von Trade Republic haben u.a. auch verschiedene Finanzblogger und Youtuber auf die Beine geholfen. Hier muss man auch einmal sehr positiv die Kanäle von

hervorheben mit ihren zusammen gut 350.000 zumeist jungen Abonnenten. Informativ und unterhaltsam nehmen sie sich des Themas Börse und Investment an und genießen zurecht eine gute Reputation.

Ist Trade Republic nun aber auch ein Free Lunch?

Natürlich nicht. Auch wenn nur eine Fremdkostenpauschale von 1 Euro anfällt und 300 ETF’s „kostenfrei“ bespart werden können, sollte man mal einen Blick ins Kleingedruckte werfen. Dort heißt es in der Kundenvereinbarung:

4.2. Im Zusammenhang mit der Ausführung der Wertpapiergeschäfte kann Trade Republic Zahlungen von den Betreibern der Ausführungsplätze bzw. Kontrahenten der Ausführungsgeschäfte (im Folgenden „Ausführungsplätze“) oder von Anbietern von Wertpapieren (z.B. Anbietern von ETFs; im Folgenden „Anbieter“) für die Platzierung der Aufträge an diesen Ausführungsplätzen bzw. Kontrahenten (d.h. die Ausführung der Kommissionsgeschäfte) bzw. für den Erwerb bestimmter Produkte eines Anbieters durch Kunden von Trade Republic erhalten.

Diese Zahlungen z.B. sog. Abwicklungskostenzuschüsse belaufen sich in der Regel auf bis zu EUR 3,00 pro Kundenorder; in Ausnahmefällen und in Abhängigkeit von gewissen Handelsumsatzgrößen auf bis zu EUR 17,60 pro Kundenorder (Stand 10/2019) (d.h. Trade Republic kann eine Zahlung bis zu dieser Höhe für die Platzierung einer Kundenorder an den Ausführungsplatz bzw. bei dem jeweiligen Anbieter erhalten). Die Höhe der Zahlungen hängt im Einzelfall von der Vereinbarung mit dem Ausführungsplatz bzw. Anbieter und dem insgesamt über den Ausführungsplatz in definierten Zeitabschnitten abgewickelten Umsatz ab. Diese Zahlung ist zulässig.

Trade Republic verwendet die Zahlung, um den Kunden die kostengünstigen und technisch hochwertigen Dienstleistungen unter diesem Vertrag anzubieten. Der Kunde erklärt sich damit einverstanden, dass Trade Republic diese Zahlungen vereinnahmt und behalten darf. Der Kunde und Trade Republic treffen die von der gesetzlichen Regelung des Rechts der Geschäftsbesorgung (§§ 675, 667 BGB, 384 HGB) abweichende Vereinbarung, dass ein Anspruch des Kunden gegen Trade Republic auf Herausgabe der Zahlungen nicht entsteht. Ohne diese Vereinbarung müsste Trade Republic – die Anwendbarkeit des Rechts der Geschäftsbesorgung auf die Leistungen von Trade Republic unter diesem Vertrag unterstellt – die Zahlungen an den Kunden herausgeben.

https://www.traderepublic.com/assets/files/2019-11-01_Trade_Republic_Kundenvereinbarung.pdf

Schaut man nun in die Liste der Kooperationspartner, dann wünschen HSBC und BlackRock gutes Gelingen beim Investieren und Handeln…

Das ist ja auch alles in Ordnung, solange es transparent dargestellt ist. Kunden von Trade Republic wissen also, wer ihnen das Fell über die Ohren zieht. Handelsplatz ist übrigens die L&S Exchange. Lang und Schwarz hatte vor kurzem die letzten Beteiligungen an der Trade Republic GmbH veräußert.

Wo ist die Action bei Robinhood?

Was Trade Republic noch fehlt, ist ein Tool, wie es der große Bruder bereits hat – Robintrack. Kommt bestimmt irgendwann auch noch. Dort kann man am besten sehen, wo der aktuelle Wahnsinn spielt. Hertz & Co lassen grüßen…

Als besonderes Spielzeug hält Trade Republic keine Options bereit, aber doch 40.000 Optionsscheine, Knock-Out-Produkte und Faktor-Zertifikate. Zumindest laufen die Kunden damit nicht Gefahr, das nicht vorhandene Haus oder Hof zu verzocken und sich zeitlebens zu verschulden.

Etwas Nachholbedarf hat der Liebling der Handyzocker aber wohl noch in Sachen Informationsangebot für seine Kunden. Die Hilfeseiten sind zwar voll von technischen Erläuterungen der Plattform und Kontoeröffnung, in Sachen Aufklärung über Derivate jedoch etwas dürftig. Vielleicht nimmt das Team um die 3 Gründer den traurigen Vorfall bei Robinhood zum Anlass, hier für ihre Kunden etwas nachzubessern und den Education Part stark auszuweiten.

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer!

Womit wir bei dem letzten Hinweis für meinen jungen Bekannten wären.

Diese Woche nahm eine Story ihr vorläufiges Ende, die wohl in den letzten Jahren stark polarisierte und die Psychologie der Börsen ganz gut beschreibt. Pecunia non olet sagten sich nicht nur Goldman Sachs, DWS oder Union Investment. Alle hatten ja ganz gut verdient an dem nun langsam zusammenbrechenden Kartenhaus names Wirecard.

Screenshot FB Sven Kleinhans

In den letzten 25 Jahren habe ich so manche Story erlebt, von tragischen Schicksalen gehört und mir inzwischen ein dickes Fell zugelegt. Russlandkrise, Asienkrise, New Economy, Mr. Dausend, Finanzkrise etc. Es gab immer schon fast fanatisch religiöse Anteilseigner diverser Unternehmen, die ihre Kaufentscheidung gegen jede andere, kritische Meinung zum Unternehmen bis aufs Messer verteidigten. Nüchterne Distanz gleich Null. Das mag menschlich sein, ist aber an der Börse wenig hilfreich. Ich erinnere mich an eine traurige Geschichte aus den Zeiten des Neuen Marktes. Ein Trader mit Hammerhebel auf Kredit in Intershop investiert, dann über Silvester Gewinnwarnung und R.I.P. Viertel Million in den Binsen. Erlebnisse dieser Art ließen sich ewig fortsetzen.

Die Wild Card für Wirecard…

Was hat den Laden eigentlich in den Index der angeblich 30 Blue Chips gebracht…

Nun also Wirecard. Eine Katastrofe für die deutsche Aktienkultur und die Deutsche Börse. Die Zeichen waren lange erkennbar. Diejenigen, die frühzeitig darauf aufmerksam machten, wurden mundtot gemacht und diskreditiert. Die Oberhärte war noch das Shortselling Verbot, sponsored bei der weitsichtigen Bafin in 2019. Wäre wohl besser gewesen, die Behörde hätte ihren Job gemacht, wofür sie da ist.

Wer mag, kann sich ja mal die folgende Story durchlesen. Der darin zitierte Link zur Diskussion bei wallstreet-online ist mir natürlich schon lange bekannt. In den letzten Tagen habe ich da mal wieder reingeschaut und musste mich mit Grausen wieder abwenden…

Fakt ist, wenn sich professionelle Shortseller ein „Opfer“ suchen, dann gibt es immer einen triftigen Grund. Dies lehrt die Erfahrung. Wer dies nicht zur Kenntnis nimmt oder nehmen will, wird dann eben auch zum Opfer am Tag der Wahrheit.

Das oben eingeblendete Shirt habe ich auf Facebook bei Sven Kleinhans, nextmarkets Coach entdeckt. Sven hat offenbar eine besondere Beziehung zum Unternehmen und ist seit langem ein kritischer Begleiter. Wer also sein Hirn einschaltet und völlig wertfrei den Argumenten zuhörte, war von den aktuellen Ereignissen nicht überrascht. Ich gebe zu, ich habe gestern das tote Pferd in meinem wikifolio auch von 20 bis 30 geritten… Es war nur ein Trade!

Wie sieht die wikifolio Community Wirecard?

Wie nicht anders zu erwarten, ist die Aktie ein Liebling der wikifolio Redakteure gewesen. Immerhin gut 12 % der Musterdepots nannten Wirecard ihr eigen, Tendenz gleichbleibend. Warum sollte es in dieser Community auch anders sein, als in anderen…

Herdenverhalten eben. Das ging ja auch lange gut. Nachdenklich stimmt mich jedoch die überwiegend zu lesende Hoffnung in den Beiträgen. Auch dies durchaus verständlich.

Screenshot wikifolio.com

Kommen wir zum Schluss des Beitrages,

Was kann ich also meinem jugendlichen Freund mitgeben?

  1. Glaube nicht der Marketingmaschinerie. An der Börse ist der Privatanleger in erster Linie Opfer.
  2. Sei kritisch und schalte Dein eigenes Hirn ein
  3. Verheirate Dich NIEMALS …mit einer Aktie
  4. Wenn nur der leiseste Anflug von Unregelmäßigkeit oder gar Betrug lauert, hau den Dreck raus und stehe zu Deiner Entscheidung
  5. Last but not least… Handele nur Dinge, die Du auch verstehst

In diesem Sinne, viel Erfolg beim Investieren und Handeln, egal ob bei Robinhood, Trade Republic oder z.B. wikifolio.com

Ihr Michael Tomaschek

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