Chart lesen lernen – Ursache und Wirkung im Trading

Sie wollen sich optimal auf jeden Handelstag an der Börse vorbereiten? Dann ist dieser Text genau das Richtige für Sie, denn hier wird erklärt, wie Sie einen Chart lesen sollten. Dabei wird vor allem die Ursache und Wirkung von Kursbewegungen erläutert. Als erfahrener Trader nimmt Sie Heiko Behrendt nun direkt an die Hand, um Ihnen das Chart lesen lernen näher zu bringen.

 

Ursache und Wirkung im Handel

Viele Trader zäumen das Pferd von hinten auf. Damit ist gemeint, dass sie Ursache und Wirkung von Kursbewegungen verwechseln und dann immer wieder überrascht werden, wenn zum Beispiel der DAX am Vormittag fällt und am Nachmittag steigt. An anderen Tagen glaubt man nicht, dass der DAX noch viel weiter steigen oder fallen kann usw..

Man liest dann immer wieder in Börsenforen, dass alle abgezockt werden oder der Markt völlig chaotisch ist und andere wiederum fragen sich, wie das überhaupt sein kann. Warum passiert dies, obwohl die Charttechnik, Markttechnik oder was auch immer etwas ganz anderes prognostiziert hatten.

Dabei wird immer versucht, die Bewegung in Form eines Charts technisch zu erklären. Alle mir bekannten Analysemethoden und jedes Tool, welches wir auf einem Chartbild anwenden, hat meiner Meinung nach seine Berechtigung. Denn jedes davon fängt automatisch gewisse Marktzustände ein.

 

Technische Indikatoren brauchen stabile Bedingungen

Zum Beispiel sind ein Oszillator, eine Value Area, Innencandles oder horizontale Widerstände und Unterstützungen gut geeignet, um eine Range zu identifizieren. Doch wenn sich der Zustand ändert und aus der Range wird eine Bewegung und man immer noch die gleichen Tools anwendet, wird man zwangsläufig damit Verluste erleiden. Hier wäre es dann logischerweise besser, wenn man Methoden und Tools verwendet, die einen Trend besser bestimmen. Dazu sind steigende Hochs, fallende Tiefs, Indikatoren wie der MACD, gleitende Durchschnitte wie die 200 Tage Linie, Bollinger Bänder oder steigende und fallende Trendlinien sehr geeignet.

Jede Analysemethode geht letztlich davon aus, dass der Zustand, der gerade besteht, auch in der Zukunft seinen Fortbestand hat. Doch wie wir wissen, ändern sich die Phasen zwischen Range und Bewegung ständig und die meisten Trader verlieren vor allem dann Geld, wenn es zum Wechsel der beiden Zustände kommt.

Viele sehen einen Chart, wie z.B. den vom DAX-Index, nur als eine grafische Darstellung, die sich auf und ab bewegt. Erfahrene Börsianer argumentieren jedoch oftmals mit Angebot und Nachfrage und kommen damit dem Kern der Sache schon viel näher.

 

Wie man einen Chart lesen kann

 

Für mich ist der Chart und dessen Kursfeststellung das Ergebnis der Aktivitäten aller Akteure am Markt. Jedem Akteur stehen dazu unterschiedliche Handelsprodukte zur Verfügung. Auf den DAX bezogen hätten wir den DAX Index, den man so nicht handeln kann. Allerdings kann man Einzelaktien aus dem DAX handeln und nimmt so Einfluss auf die Kursstellung.

Es gibt zusätzlich sogenannte Baskets, mit denen man alle Einzelaktien nach Gewichtung im Index erwirbt. Als Index direkt wäre nur der Future oder ein synthetischer Future aus Optionen handelbar. Die Aktivitäten der Akteure in den einzelnen Produkten haben einen direkten Einfluss auf das Auf und Ab im DAX.

 

CFDs, Zertifikate, Optionsscheine – kein direkter Einfluss auf Kurse

Anders sieht es da bei CFDs, Zertifikaten, Optionsscheinen und andere OTC-Derivaten oder strukturierten Produkten aus. Diese haben keinen direkten Einfluss auf die Kurse. Einzig das Hedging der Emittenten und Broker könnte indirekt Einfluss nehmen.

Im Folgenden möchte ich ein paar Situationen beschreiben, die wirklich Ursache einer Bewegung im Markt darstellen können. So beeinflusst ein institutioneller Anleger den DAX mittelbar, wenn er im großen Umfang die Siemens Aktie, die mit fast 10 Prozent im Index gewichtet ist, von 9 bis 12 Uhr kauft und den Kurs damit um 3 Prozent nach oben bewegt.

In der Einzelaktie werden wir einen stetigen Anstieg im Chart sehen. Im DAX-Index hingegen kommt es im Wesentlichen drauf an, was die restlichen 29 Werte machen. Sollten diese geschlossen fallen, könnte auch der DAX fallen. Wenn sich diese aber kaum bewegen, dürfte die Siemens-Aktie den gesamten DAX nach oben ziehen. Bei einem Index-Gewicht von 10 Prozent wäre der Anstieg mit ca. 0,3 Prozent im Index zu beziffern.

 

Der Markt und die Akteure - Wichtig zum Chart lesen lernen
Chart lesen lernen – Kenne den Markt und die Akteure

 

Ein weiteres Beispiel: Aufgrund anstehender News will ein institutioneller Trader sein 500 Millionen Euro Portfolio absichern, indem er DAX-Futures verkauft. Bei einem Indexstand von 12.000 Punkten benötigt er dafür ca. 1660 DAX-Future Kontrakte. So viel Angebot führt zu einem Rückgang von etlichen Punkten oder 0,5 Prozent im Index. Im DAX würden wir wahrscheinlich eine sehr schnelle heftige Abwärtsbewegung sehen, bis die Anzahl der Kontrakte abgewickelt ist.

Beide Beispiele haben eins gemeinsam. Deren Trades, wie alle anderen Trades von anderen Marktteilnehmern, werden über die Börse abgewickelt. Wir sehen sie anonymisiert im Orderbuch der Time & Sales Liste und schlussendlich im Chart mit der preislichen Veränderung.

Wie man an den beiden Beispielen sieht, spielen hier die technische Analyse oder der Einsatz von Tools keinerlei Rolle. Jeder der Akteure ist nur so lange am Markt tätig wie der Trade aktiv ist. Die Veränderung im Markt wird wiederum neue Akteure aktivieren und so lässt dieser kontinuierliche Prozess für den Tag den Chart entstehen.

 

Was wir Retail Trader lernen sollten: Argumente für ein effizienteres Trading

 

Fazit – Was der Chart aussagt und was nicht

Für mich liegt vorwiegend die Ursache einer Bewegung in den Akteuren, die sich an der Börse tummeln. Mit diesem Artikel wollte ich dem Trader bewusst machen, dass hinter den Bewegungen im Chart Akteure stehen, die gewisse Aufgaben im Markt erfüllen und sich nicht zwingend an irgendwelche technischen Analysemethoden halten. Damit soll nicht die technische Analyse als Gesamtes verteufelt oder in Frage gestellt werden. Es gibt auch Akteure, die sich diese zu Nutze machen und so ebenfalls die Kurse beeinflussen.

Ich glaube, wenn man neben der technischen Analyse noch versteht, wer vielleicht gerade der dominante Akteur im Markt ist, dann wird man in Zukunft bessere Entscheidungen treffen können. Den Chart lesen zu lernen, kann also auf keinen Fall schaden.

Viele Grüße

Ihr Heiko Behrendt

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Heiko Behrendt ist Experte für den kurzfristigen Handel, das Scalping. Er hat sich auf den Handel von Indizes mit Futures und CFDs spezialisiert. Nach über 10 Jahren Eigenhandel ist seit 2020 sein erster Onlinekurs verfügbar, um neue Trader umfassend über das Scalping zu informieren. Auf seiner Homepage https://scalp-trading.de/ finden sich viele weitere Informationen zum Thema Scalping.

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