Schrecksekunden bei Tradern im Goldmarkt und allgemeinen Marktbeobachtern. Gestern gab es einen „Flash Crash im Gold“, bei dem der Goldpreis binnen weniger Augenblicke stark fiel. Was steckte dahinter und wie äußerte sich dies im Chartbild?
Was ist ein Flash Crash?
Als Flash Crash wird eine schnelle Kursbewegung bezeichnet, die in kurzer Zeit mit hohem Volumen den Kurs eines Basiswertes oder ganzer Märkte unter Druck bringt. Das hohe Volumen ist dabei ein Indiz für eine Liquiditätskrise in dieser kurzen Zeit, denn massive Verkaufsaufträge treffen auf geringes Kaufvolumen. Die Kursbildung an freien Märkten erfolgt jedoch noch immer durch Angebot und Nachfrage. So kann es zu optischen Verwerfungen kommen, die teilweise ganze Märkte wie die Wall Street am 6. Mai 2010, in einen Abwärtsstrudel ziehen können. Folgendes „legendäres“ Video zum S&P500 kam mir gleich in Erinnerung:
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Was sind die Hintergründe für einen Flash Crash?
Oftmals sind diese recht menschlich begründet. So genannte „Fat Fingers“, also dicke Finger, die bei der Ordereingabe einen Fehler hervorrufen, sind hierfür die Ursache. Denn es macht für den Markt einen erheblichen Unterschied, wenn ein Händler 10 Futures zum Kurs von 12.000 oder 12.000 Futures zum Kurs von 10 in das System eingibt. Genau so passieren jedoch diese Flash Crashs und die „Fat Finger Orders“ sind meist extrem schmerzhaft für das Händlerkonto oder das entsprechende Handelshaus.
Eine Verstärkung dieser Marktteilnehmer wird zudem immer noch durch Absicherungsgeschäfte anderer Marktteilnehmer erfolgen, denn der jeweilige Kurs ist immer der Trigger für Aktionen großer Marktakteure – den eigenen Bestand zu verkleinern oder eben abzusichern. Und genau dies verstärkt eine solche Bewegung noch einmal. Im Extremfall könnte dies zu einem Marktcrash führen, doch soweit kam es es gestern natürlich nicht. Schauen wir zurück auf den Flash Crash im Gold.
Flash Crash im Gold
Marktbeobachter und vor allem Trader im Asset Gold staunten sehr, als der Goldpreis gestern um 10 Uhr massiv nachgab. Hohes Volumen traf hier auf relativ geringe Nachfrage und so kam es bei der Kursbildung, die aus Angebot und Nachfrage besteht, folglich zu dieser Reaktion:
Aus diversen Quellen (bspw. Handelsblatt-Artikel) ist zu entnehmen, dass innerhalb einer Minute das Volumen auf 1,8 Millionen Unzen nach oben schoss. Das entspricht 18.150 Future-Kontrakten oder umgerechnet wurden dabei 56 Tonnen Gold bewegt. Solche ein Handelsvolumen gab es nicht einmal am Tag der Trump-Wahl oder bei der Verkündung des Brexit in der ersten Reaktion!
Die genaue Ursache allerdings ist noch nicht geklärt. Im Artikel steht u.a.
„Niemand weiß etwas, abgesehen von dem unglücklichen Individuum, das den falschen Knopf gedrückt hat“, so David Govett, Chef des Edelmetall-Handels bei der Marex Spectron Group in London.
Dabei wurde auch eine Unterstützung durchbrochen, an die mehrere Marktteilnehmer und Techniker festhielten (vergleichlich diese Analyse: Goldpreis findet Unterstützung…). Dabei reagieren natürlich automatisierte Handelssystem und entsprechende Stopps greifen, was eine Marktreaktion noch verstärken kann. Charttechnik zählt in so einem Moment kaum, so dass es hier erst um 1.236 Dollar zu einem Stillstand des Verkaufsdrucks kam. Historisch beleuchtet ist dies der niedrigste Wert seit dem 16. Mai 2017.
Erst kurz darauf griff die Markttechnik wieder und es kam zu einer technischen Reaktion. Man sieht hier im Chartbild die ehemalige Unterstützung des Stundencharts eingezeichnet:
Reaktion nach dem Flash Crash
Mit dem zeitlichen Abstand von 24 Stunden kann man von einer Beruhigung sprechen. Dabei manifestiert sich der Eingangsgedanke, dass es sich um einen reinen Flash Crash im Gold handelte und keine Verkaufswelle über Tage oder Wochen auf Grund eines direkten Markt-Ereignisses losgetreten wurde.
Der Blick auf den aktuellen Chart bestätigt dies, denn der Flash Crash im Gold scheint vergessen. Zumindest wurde das Kursniveau vor dieser Bewegung fast wieder erreicht:
Wie reagiert man also darauf? Das Fazit zu ziehen, Stopps sind nicht gut, wäre fatal. Denn in der Situation selbst weiss niemand, ob es sich um eine „Fat Finger Order“ handelt, oder der Markt wirklich stark in eine Richtung tendiert. Insofern halte ich es für sinnvoll, diese Ereignisse ggf. als „Schwarze Schwäne“ zu akzeptieren oder aber im Rahmen einer Portfoliostrukturierung /Auswahl der Handelsinstrumente hier insgesamt keine große Gefahr im Gesamtdepot zu haben. Kurzfristigen Tradern mit Hebel 100 in Derivaten kann man vor solchen Ereignissen leider nicht schützen. Für diese heißt es dann leider „Margin Call“.
In diesem Sinne, seien Sie wachsam oder besser noch stark diversifiziert,
Ihr Andreas Mueller ( Bernecker1977)