Die Zukunft ist ungewiss, eine Tatsache die den Menschen missfällt. In vielen Gedanken Konstrukten verhält sich die Welt Linear, doch hat dieses nur wenig gemein mit dem Dynamischen Verhalten der Wirklichkeit. Ist ja auch wesentlich einfacher in der Illusion zu Leben, insbesondere wenn die Schuldfrage, im Falle des Scheiterns, durch ein fest einstudiertes Ritual schon geregelt ist. Es ist jedoch äußerst fraglich, ob ein solches Verhalten für die Gesellschaft, die Wirtschaft und damit auch für die Börse förderlich ist?
Für die Bestimmung des Ungewissen benutzt die Gesellschaft seit eh und je die Auguren. Eine Vogelschau oder das Lesen aus den Eingeweiden sollte früher die Ungewissheit nehmen, heute sind es die Prognosen. Prognosen die auf Linearen Modellen basieren.
Die Realität ist unwahrscheinlich
Das Problem, dass die Realität unwahrscheinlich ist, also die Zukunft nicht vorhersehbar ist, da sie durch unser kollektives Handeln im Jetzt maßgeblich beeinflusst wird, führt zwangsweise zum eingehen von Risiken. Seien sie nun politischer, wirtschaftlicher oder persönlicher Natur, es sind Risiken die durch den Nebel, der die Zukunft verschleiert, entstehen.
Der Umgang mit diesen Risiken ist wohl die Crux im Leben. Im ganz normalen Leben wie auch an der Börse.
In vielen Bereichen soll die Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung weiterhelfen, insbesondere in der Geldanlage. Doch existieren große Missverständnisse über die wahre Reichweite der Prognosemittel.
So könnte zum Beispiel das Konfidenzniveau einer Risikoanalyse bei 99,5% liegen. Einfach gestrickte Individuen aber auch verantwortungslose Marktteilnehmer gehen jetzt davon aus, dass die Risiken unter Kontrolle sind. Immerhin würde ein solches Konfidenzniveau bedeuten, dass nur alle 200 Jahre einmal ein Ausbruch aus diesem definierten Rahmen zu erwarten ist. Doch ist zu befürchten, dass das so nicht stimmt. Etwas was in den zurückliegenden Jahren zu genüge immer wieder aufs Neue bewiesen wurde.
Es wird auf die Daten der Vergangenheit zurückgegriffen und davon ausgegangen, dass sie sich Linear weiterentwickeln werden, ohne dass eine Klippe getroffen wird. Da die Realität aber unwahrscheinlich ist, ist es auch die Risikoanalyse und damit ist sie nicht mehr zur korrekten Bestimmung des Risikos geeignet.
Durch eine solche Risikoanalyse ist es nur möglich zu sagen: „Wenn das Morgen gleich dem Heute ist, dann ist sehr wahrscheinlich alles in Ordnung.“
Eine verwegene Annahme, mehr aber auch nicht. Sie führt an der Realität vorbei.
Es könnte wesentlich schlauer sein zu fragen, was ist wenn die restlichen 0,5% eintreten? Überlebt mein Portfolio bzw. die Bank oder Institution das eintreten des dicken Endes?
Vermeidung von unangenehmen Fragen!
Das führt leider zu unangenehmen Fragen für die Geldanlage, die in der Praxis lieber ignoriert werden. So ist es möglich die Verantwortung für ein mögliches Scheitern jemanden anders in die Schuhe zu schieben. Das Ausführende wird da lieber durch Verrechtlichung aus der Verantwortung genommen, denn über sie kann die Verantwortung einem Auguren zu geschoben werden.
Diese Prognosekünstler, stellenweise auch Berater genannt, sind auch aus der Verantwortung genommen, da sie ihren wissenschaftlich korrekten Modellen folgen. Und da alle ihren Modellen folgen, kommen sie alle zu vergleichbaren Ergebnissen und es ist so möglich sich hinter der Masse zu verstecken. Ein ganzer Zweig von wissenschaftlich korrekt ausgebildeten Menschen kann sich nicht irren. Wenn, ist da eine finstere Macht am Werk, die die korrekten Modelle nicht mehr richtig funktionieren lässt.
Hier kommen wir auch wieder beim Alternativlosen Totalitarismus an. Das Modell irrt nicht, es ist die Realität die sich irrt. Kann ja auch nicht anders sein.
So wird doch eigentlich ein Kreislauf der Verantwortungslosen und damit der Verantwortungslosigkeit erschaffen, oder?
Egal, die Spekulanten sind schuld!
Das Wissen über die Unwahrscheinlichkeit
Da die Zukunft unwahrscheinlich ist, ist es zwingend erforderlich diese Erkenntnis beim Portfolioaufbau aber auch im Trading zu berücksichtigen. Hierbei können einem einige einfache Heuristiken vor den schlimmsten Kapriolen schützen.
Lege nicht alle deine Eier in ein Nest!
Klingt langweilig und altbacken, sollte dennoch nicht verachtet werden. Ein Beispiel zur Verdeutlichung.
Wir nehmen an, dass wir einen Seed Capital Fund leiten, dessen Tätigkeit natürlich, wie die Bezeichnung schon sagt, die Finanzierung von Startups in der Frühphase ist.
Der Fund hat ein spitzen Analyse Team, die Due Diligence Abteilung macht seit Jahren die Arbeit perfekt, wir wissen was in den jungen Startups passiert, sollten wir Interesse an ihnen gefunden haben. Doch die Statistik zeigt eindeutig auf, dass nur 10% aller Startups die ersten Zwei Jahre überleben und davon dann auch nur ein Bruchteil zu den gesuchten Einhörnern zählt.
Die Schlussfolgerung ist, dass das Portfolio breit gestreut sein muss und ein Umfang von nur zehn Startups viel zu gering ist. Bei einer Trefferwahrscheinlichkeit von 10% ist es nicht unwahrscheinlich, wenn man 50 mal am Stück in die, entschuldigen Sie bitte, Scheiße greift. Sie sehen, es könnte Sinn machen mehr als nur 50 Positionen in den Funds aufzunehmen.
Da die Zukunft unwahrscheinlich ist, ist das Investieren eher eine Art Black Swan Farming, denn welche Unternehmung Erfolg haben wird oder auch nicht, dass kann Ihnen kein Augur auch nur im Ansatz verraten. Wer sich an die Analysten Stimmen zu Amazon um die Jahrtausendwende herum erinnern kann, der versteht sofort wovon hier die Rede ist.
Geldanlagen sollten ein konvexes Risiko- und Renditeprofil aufweisen
Die Konvexität einer Anlage ist das Imperativ, welches einen die gesamte Zeit an der Börse aber auch Abseits dieser begleiten sollte. Ein begrenztes Risiko trifft auf einen möglichen Gewinn, der in seiner Höhe unbegrenzt ist.
Investiert man sein Kapital in verschiedene Aktien, so beträgt das Einzelrisiko einer jeden Position erst einmal 100%. Sollte man nun auch 100% des gesamten Kapitals in Aktien investiert haben, hat sogar das Portfolio ein Risiko von 100%.
Aus dieser Perspektive heraus, lassen sich drei Forderungen formulieren.
- Das Einzelrisiko einer Position darf Prozentsatz X nicht überschreiten;
- Es darf nicht das gesamte Kapital in eine Anlageklasse investiert werden und
- Die Chance auf einen Gewinn von mehr als 100% je Einzelposition muss möglich sein
Das Gegenteil von einem konvexen Profil ist ein konkaves Risiko-Ertrags-Verhältnis. Das konkave Verhältnis hat sich in den vergangenen 10 Jahren wie eine Pest an der Börse verbreitet und ist eindeutig dem Short Volatility Universum zuzuordnen. Es ist nicht gut, wenn die gesamt Aufstellung des Vermögens auf eine steigende Volatilität negativ reagiert.
Eine Vermögensaufstellung, die von einer ansteigenden Volatilität profitiert ist demnach anzustreben. In der heutigen Welt hängt alles von der Volatilität ab, denn durch verschiedene Risiko Mechanismen, wie dem VaR, beeinflusst die Volatilität unmittelbar das Anlageverhalten der meisten Vermögensverwalter, HFT Trader, etc.. Damit ist die Volatilität selbst zu der einzigen Anlageform geworden, bei der man sich entscheiden muss ob man entweder Short oder Long Volatilität geht.
Short Volatilität ist verlockend, da so ein ständiger Income Stream erzeugt wird, doch das Risiko besteht, dass man über Nacht alles verliert. Dieses Konkave Risiko/Rendite Profil muss unbedingt gemieden werden, ob nun an der Börse oder aber daneben.
Es geht nicht an das man für 1 Cent 100 riskiert!
Risiken, die einen als ganzes bedrohen, sind diejenigen die gemieden werden müssen. Hierbei spielt die Ebene um die es sich handelt, also ob persönlich oder wirtschaftlich, keine Rolle.
Bedroht etwas das große Ganze, ist es ein Risiko welches abgewendet werden muss, egal wie gering die Eintrittswahrscheinlichkeit ist. Hier kommen wir wieder zum 99,5% Konfidenzniveau und seiner Missinterpretation.
Ach scheiß drauf, hier gilt ja, wenn etwas schief geht, sind immer die Spekulanten von außen schuld! Wer auch sonst? Die Modelle irren sich nicht und Verantwortung trägt auch keiner, also kann es nur eine böse Macht von Außen sein!?
Beispiel wikifolio ANT1 FRAG
Ein praktisches Beispiel für ein konvexes Rendite/Risiko Profil liefert mein wikifolio ANT1 FRAG – HPS worldwide. In diesem wird eine Art konservatives Blackswan Farming betrieben, bei einem begrenzten Risiko. Das Risiko ist dort durch einen recht hohen Cash Anteil begrenzt, denn die Annahme, dass man als Portfoliomanager noch genügend Zeit hat zum Ausstieg oder dem Abbau einer Position, ist im Fall einer Krise eine reine Kontrollillusion.
Persönlich frage ich mich immer, was mit meinen Portfolios passiert, sollte der Markt 50% gegen meine Positionierung eröffnen. Bin ich dann Pleite und aus dem Spiel der Spiele ausgeschieden oder besitze ich in einem solchen Fall immer noch genügend Geld?
Durch diese Frage scheiden Margin Geschäfte größtenteils aus, denn durch den Einsatz eines Hebels auf das Gesamtkapital, kann das gesamte Vermögen binnen kürzester Zeit vernichtet werden. Und das sollte unter allen Umständen ausgeschlossen sein.