Die Nullzinsen haben die Weltverschuldung auf ein neues Niveau gehoben. Der Branchenverband Institute of International Finance sieht die globale Verschuldung kurz vor der Marke von 250 Billionen US-Dollar. Doch all das ist kein Problem – jedenfalls wenn das Zinsniveau für immer tief bleibt.
Schulden sind per se nichts Schlechtes. Anders als die oftmals einseitige Berichterstattung in Zeitungen, gehören Sie zur anderen Seite der Medaille – den wachsenden Vermögen. Da die Schöpfung von Geld mit Verschuldung und Erschaffung von Ersparnissen zusammenhängt, war eine hohe Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Privatpersonen in der Vergangenheit nicht automatisch ein Problem. Allerdings sorgen besondere Umstände in der Tat dafür, dass die aktuelle Lage anders ist.
Vermögensverteilung macht Schuldenlast gefährlich
Die Vermögensverteilung hat sich in den letzten Jahren weiter zugespitzt. Vor allem die Geldpolitik zur Krisenbewältigung sorgt bei den großen Vermögen weiterhin für Auftrieb. Immobilienmärkte, Aktienmärkte und auch Rentenmärkte befinden sich seit Jahren im Aufwind. Von diesen Umständen können vor allem große Vermögen überproportional profitieren. Je stärker sich die Vermögen auf wenige Menschen und Institutionen konzentrieren, desto schwerer werden die Schuldenberge tragbar. Einzig ein dauerhaft niedriges Zinsniveau könnten den Anschein der Tragfähigkeit aufrecht erhalten.
Während in früheren Zeiten irgendwann die Steuerpolitik als Steuerelement benutzt wurde, um die Vermögensverteilung wieder unter Kontrolle zu bekommen, so steht dieses Mittel kaum noch zur Verfügung. Immerhin befinden wir uns in einer globalisierten Welt, in der man heute innerhalb von Sekunden große Vermögen übertragen könnte. Ob Aktienportfolios oder Buchgeld, die Wege sind kürzer geworden. Die einzig machbare Alternative von deutlicher Steuerbelastung würde Immobilienmärkte treffen können. Immerhin ist genau an dieser Stelle der größte Nachteil dieser Anlageklasse. Investoren haben keine Möglichkeit, eine Immobilie ins Ausland zu verlegen.
In jedem Falle zeigt ein Blick in die Geschichte, dass auch die Vermögensverteilung zyklisch verläuft. Sollten Staaten durch Steuerpolitik nicht mehr in der Lage sein, dem Trend der letzten Jahre und Jahrzehnte entgegenzuwirken, oder diesen wie im Falle Amerika sogar zu beschleunigen, dann droht wie in vergangenen Zeiten irgendwann ein bereinigendes Gewitter.
Crash, Inflation oder…
Die möglichen Varianten, um solche Umstände wieder einzufangen, sind allgemein bekannt. Vor allem eine echte Inflation vernichtet Vermögen auf breiter Front. Natürlich entstehen auch in solchen Phasen neue Vermögen und einige werden erhalten, allerdings war es geschichtlich oftmals eine Art Reset für die Geldsysteme. Auch ein Zusammenbruch an den globalen Anlagemärkten wäre eine Variante die man einplanen sollte. Allerdings sind die Zentralbanken weltweit auf der Hut und würden wohl mit nochmals neuen historischen Schritten gegensteuern. Die sanfteste Methode – die Steuerpolitik – steht allerdings nicht im nötigen Ausmaß zur Verfügung. Unsere Globalisierung macht es Staaten immer schwerer, den großen Vermögen zu Leibe zu rücken. Daher dürften an dieser Stelle, wenn überhaupt, nur ausgewählte Bereiche betroffen sein.
Eine weitere und wohl die wahrscheinlichste Variante, dieser Krise zu begegnen, ist ein dauerhaftes Zinsniveau in fast allen Industriestaaten. Diese Variante könnten den aktuellen Status noch lange aufrecht erhalten. Schon jetzt zeigen sich erste Ausläufer einer völlig neuen Art der Krise, sollten Zinsen steigen. So konnte der Zinsanstieg im US-Dollar, der Schuldenwährung Nummer 1 auf diesem Planeten, bereits die Türkei deutlich treffen.
Kaufkraft eines US Dollars im Lauf der Zeit und der Inflationsschutz
Die Türkei steckt seit Wochen in einer tiefen Währungskrise, die an Dramatik zunimmt. Ein weltweites Zinsniveau unter Null könnte diese Probleme allerdings abmildern und es den Akteuren ermöglichen, die aktuellen Probleme in die Zukunft zu verschieben. Doch zurzeit befinden wir uns weiterhin in einem Zinserhöhungszyklus der USA. Und aus diesem Grund werden Schulden in Höhe von fast 250 Billionen in den nächsten Wochen die Gemüter bewegen.
250 Billionen US-Dollar Schulden
Der Schuldenberg von fast 250 Billionen USD ist in der Tat historisch. Allerdings ist die Zahl an sich wenig aussagekräftig. Selbst im Jahr 2016 war die Verschuldung auf das Welt-BIP bereits einmal höher. Denn Schulden sind vor allem eines – relativ. Dennoch ist das neue Maß an Verschuldung, getrieben durch die Zinspolitik der Zentralbanken, besorgniserregend. Während damals vor allem in Boomphasen große Investitionen der Unternehmen die Neuverschuldung vorantrieben, sind es heute oftmals extrem hoch verschuldete Privatpersonen. Zusätzlich werden Aktienrückkäufe und andere Transaktionen am Kapitalmarkt über Kredite finanziert. Das Schuldenwachstum selbst treibt die Wirtschaft immer weniger an. Die erreichte Wirtschaftsleistung pro Einheit Neuverschuldung nimmt weiter ab. Unter diesen Gesichtspunkten sind Schulden an sich nichts schlechtes, allerdings ist ihr Ausmaß in der Tat in einem kritischen Bereich.