Die Geschichte lehrt uns, dass Angst oft Chancen für langfristige Investoren schafft, die bereit sind, kurzfristige Volatilität im Austausch für zukünftige Kurssteigerungen in Kauf zu nehmen. Wir untersuchen daher die aktuelle Korrektur in den USA an der Wall Street genauer.
Dies ist eine Kommentar von Chris Galipeau, Senior Market Strategist beim Franklin Templeton Institute.
Wie attraktiv ist die Bewertung der Marktpreise?
Da die Bewertungen jetzt attraktiver und die Stimmung sehr negativ sind, könnte dies einer dieser Momente sein. Der US-Aktienmarkt hat inzwischen um etwa 10 % korrigiert, was die Anleger dazu veranlasst, sich zu fragen, ob dieser Abschwung eine attraktive Kaufgelegenheit darstellt oder auf tiefere zugrunde liegende Risiken hindeutet. Um diese Frage zu beantworten, verlagern wir unseren Fokus auf technische und Stimmungsindikatoren, die einen wesentlichen Bestandteil unseres Instrumentariums für Anlageentscheidungen bilden.
Durch die Analyse von Marktpreisbewegungen wollen wir das Anlegerverhalten besser verstehen. Unser Schwerpunkt liegt auf den Vermögenspreisen. Wie wir im Folgenden zeigen, liefert eine Untersuchung der Angebots- und Nachfrageindikatoren Erkenntnisse über die Wahrscheinlichkeit einer Markterholung oder eines weiteren Rückschlags.
Historischer Blick auf den S&P500
Wir beginnen mit einem historischen Rückblick. Seit 1950 hat der S&P 500 Index 38 Korrekturen erfahren, definiert als Rückgänge von 10 % oder mehr. Davon traten 26 in Phasen positiven Wirtschaftswachstums auf, während 12 in Rezessionsphasen stattfanden. Der Markt steig nach nicht-rezessiven Marktkorrekturen im Durchschnitt um 13 % gegenüber seinem Tiefpunkt. Unsere Ergebnisse zeigen auch eine wichtige taktische Überlegung. Im Durchschnitt hat der Markt innerhalb weniger Tage nach einem Rückgang von 10 % seinen Tiefpunkt erreicht, unabhängig davon, ob eine Rezession folgte oder nicht. Und während die Markterholungen in Rezessionszeiten tendenziell schwächer ausfallen, hat sich der Markt bei nichtrezessiven Korrekturen in der Regel erholt und in den darauffolgenden 12 Monaten neue Höchststände erreicht. Bemerkenswert ist, dass die anhaltende Korrektur schnell vonstattenging. Der S&P 500 hat in nur 16 Tagen 10 % seines Wertes eingebüßt, was die fünftschnellste Korrektur seit 1950 darstellt. Das ist beunruhigend. Die Geschichte deutet jedoch nicht darauf hin, dass die Geschwindigkeit des Rückgangs die Erholung beeinträchtigt. In der Vergangenheit hat der Markt innerhalb von zwei Monaten nach seinem Höchststand die Talsohle erreicht und sich innerhalb von sechs bis sieben Monaten auf neue Höchststände erholt.
Nicht nur Preise, auch Fundamentaldaten wurden neu bewertet
Abgesehen von der Geschichte gibt es noch andere Gründe, die dafür sprechen, dass der Markt bald wieder Tritt fassen könnte. Der jüngste Ausverkauf des Marktes hat die Bewertungsmultiplikatoren komprimiert. So ist beispielsweise das Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 während dieser Korrektur von 22,5 auf 18 gesunken. In ähnlicher Weise sind die Forward-KGVs für Technologie- und Small-Cap-Indizes auf ein Jahrestief gesunken. Sinkende Multiplikatoren deuten darauf hin, dass die Aktienkurse schneller fallen als die Gewinnerwartungen. Für langfristig wertorientierte Anleger bieten niedrigere Bewertungen die Möglichkeit, fundamental robuste Unternehmen mit einem Abschlag zu kaufen.
Extrem negative Stimmung
Darüber hinaus hat sich die Stimmung der Anleger stark ins Negative gedreht, wie aus den jüngsten AAII-Umfragen hervorgeht, bei denen der Anteil der Bären auf 60 % gestiegen ist, ein Niveau, das in der Geschichte nur wenige Male erreicht wurde und typischerweise bei großen Markttiefs auftritt.
Interessanterweise tritt extremer Pessimismus normalerweise erst bei Korrekturen von 20 % oder mehr auf, ist aber nach dem Rückgang von 10 % bereits vorhanden. Die Stimmung ist bereits auf einem extremen Niveau.
Hohe Volatilität bietet Chancen
Ebenso führen Phasen erhöhter Volatilität häufig zu Verwerfungen in und innerhalb von Märkten, wodurch sich Chancen für langfristige Anleger ergeben. In der vergangenen Woche stieg die Volatilität sprunghaft an, wobei der CBOE VIX-Index an aufeinanderfolgenden Tagen ein Intraday-Hoch von 29,57 erreichte, ein Niveau, das historisch mit erhöhter Angst und Unsicherheit in Verbindung gebracht wird. Aber wie die Geschichte zeigt, hat die Volatilität, wenn sie extreme Werte erreicht, oft attraktive Einstiegspunkte für Investoren markiert. Der VIX lag in der Vergangenheit nur in 12 % der Fälle über 27,8 (Tagesendwert) lag und in der Regel mit einer starken nachfolgenden Marktentwicklung einherging, die in den darauffolgenden 12 Monaten im Durchschnitt eine Rendite von 19 % erzielte.
Weitere Bedenken: kurzfristige wirtschaftliche Probleme
Präsident Trump hat kürzlich angedeutet, dass er bereit ist, kurzfristige wirtschaftliche Probleme – sogar eine Rezession – in Kauf zu nehmen, um längerfristige politische Ziele zu erreichen. Infolgedessen sind Rezessionsängste zu einem der Hauptrisiken geworden, die die Wall Street belasten. Wir sind jedoch der Meinung, dass es alles andere als klar ist, wie eine Rezession zur Lösung von Handelsungleichgewichten beitragen würde, und wir halten eine Rezession auch nicht für ein wahrscheinliches kurzfristiges Ergebnis. Tatsächlich zeichnet eine Momentaufnahme der im Februar eingegangenen Daten ein ganz anderes Bild als die zunehmend negative Stimmung. Wir bleiben datenorientiert und stellen fest, dass die jüngsten Beschäftigungsdaten bestätigen, dass der Arbeitsmarkt weiterhin solide ist. Darüber hinaus stiegen die Verbraucherpreise, wie der jüngste Verbraucherpreisindexbericht zeigt, im Februar langsamer als erwartet, sodass die Tür für weitere Zinssenkungen offen bleibt. Derzeit preisen die Märkte drei Senkungen im Jahr 2025 ein.
Die Erholungen sind nach nicht-rezessiven Korrekturen tendenziell schneller und umfangreicher, während Korrekturen, die während Rezessionen auftreten, in der Regel länger andauern. Daher halten wir es für wichtig zu betonen, dass das Institut nicht davon ausgeht, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession gerät.
Breitere Streuung bleibt unsere Kernbotschaft
Insbesondere trotz des jüngsten Marktabschwungs setzt sich die breitere Streuung der Marktrenditen fort, was unsere Kernthese für Aktieninvestitionen im Jahr 2025 unterstreicht.
Der gleichgewichtete S&P 500 Index hat in diesem Jahr sowohl den marktkapitalisierungsgewichteten S&P 500 Index als auch den Nasdaq um 2,36 % bzw. 4,45 % übertroffen. Die Voraussetzungen für eine Marktausweitung sind weiterhin gegeben. Trotz reißerischer Schlagzeilen und erhöhter geopolitischer Unsicherheit hat sich der Value-Bereich besser entwickelt als der Growth-Bereich, und es hat eine erhebliche Rotation zwischen verschiedenen Marktsegmenten stattgefunden. Für die Zukunft erwarten wir, dass sich der Trend zur Marktausweitung in den Vereinigten Staaten sowie weltweit fortsetzt (z. B. Outperformance in Europa).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Korrekturen Chancen bieten. Wenn wir außerdem davon ausgehen, dass die US- und die Weltwirtschaft eine Rezession vermeiden, bieten die jüngste Marktkorrektur und die Volatilität eine ideale Gelegenheit für langfristige Anleger, ihr Aktienengagement in unserem sich ausweitenden Marktthema zu erhöhen.