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Rechnung zum Bedingungslosen Grundeinkommen

Im zweiten Teil dieser Serie brachten wir Argumente hervor, warum wir das Bedingungslose Grundeinkommen brauchen. Lesen Sie dies gerne HIER als Einstieg nach oder erhalten Sie unter „Arbeit auf der Reservebank“ einen zweiten Einblick. Es fusst letztlich auf der jüngst erschienenen Bertelsmann Studie. Dort wird in Richtung Altersarmut für Deutschland ein sehr düsteres Bild gemalt. Diesem Thema haben sich nun die Erfolgsautoren Matthias Weik und Marc Friedrich näher gewidmet und kamen dabei zu der Aussage, dass wir das bedingungslose Grundeinkommen brauchen. Entsprechende Argumente konnte man hier auf Trading-Treff bereits zahlreich finden. Nun wird dies im Abschluss sogar ökonomisch durchgerechnet!

 

Durchgerechnet: Zur Frage, ob ein BGE finanzierbar ist

Die Frage, ob ein Bedingungsloses Grundeinkommen finanzierbar wäre, wischen nach wie vor viele Leute mit Milchmädchenrechnungen vom Tisch. 1’000 Euro für jeden? Sehr witzig!

Bei rund 82 Millionen Einwohnern macht das in Deutschland 984 Milliarden Euro pro Jahr. Einige BGE-Fans sind sogar noch großzügiger und fordern 1’500 Euro. Da wären wir dann bei knapp 1,48 Billionen.

Womit die 2016 erwirtschaftete Summe aller Arbeitnehmerentgelte (knapp 1,6 Billionen) nahezu vollständig, das Volkseinkommen (2,34 Billionen) zu fast zwei Dritteln und das Bruttoinlandsprodukt (3,13 Billionen) zu rund 47 Prozent verfrühstückt wären. Noch Fragen?

Nur langsam und zäh setzt sich leider die – an sich nicht schwer zu erlangende – Einsicht durch, dass ein BGE natürlich keine zusätzliche «soziale Wohltat» wäre. Denn selbstredend würde es die vorhandenen Einkommen nicht ergänzen, sondern lediglich zum Teil ersetzen.

De facto haben ja nicht nur die 43,5 Millionen abhängig Beschäftigten, die 4,3 Millionen Selbstständigen (einschliesslich mithelfende Familienangehörige) und die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland ein Einkommen. Auch die übrigen knapp 15 Millionen Bürger leben nicht von Luft und Liebe. Sie beziehen ihr Einkommen entweder aus verschiedenen staatlichen Transferleistungen oder aus familiären Quellen.

Der Punkt ist: Auf diese Einkommen haben sie entweder nur einen sachlich oder einen zeitlich begrenzten Anspruch – oder eben auch gar keinen. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen schafft damit im Kern lediglich den Missstand ab, dass das Existenzminimum sowie eine angemessene soziale und kulturelle Teilhabe für etwa jeden fünften Einwohner der Bundesrepublik nicht bedingungslos garantiert sind. Für alle übrigen Bürger ändert sich unterm Strich wenig: Ihr Nettoeinkommen bleibt gleich. Nur dass mit BGE dann einen Teil desselben die Allgemeinheit finanziert.

Bei vielen Spitzenverdienern würde der jährliche Abzug von 12’000 oder auch 18’000 Euro Grundeinkommen wenig bis gar nicht ins Gewicht fallen. Viel interessanter ist, was nach Einführung eines BGE mit den kleineren Arbeitseinkommen passiert. Mehr als eine Million Berufstätige beziehen gegenwärtig Leistungen nach Hartz IV. Die sogenannten Aufstocker arbeiten, verdienen damit aber weniger, als sie auch so vom Amt bekämen. Und fast jeder fünfte Aufstocker arbeitet sogar Vollzeit. Im Grunde ist das staatlich geförderte Lohndrückerei. Mit BGE wäre damit sofort Schluss.

Abgesehen davon: Mit BGE wird es viel weniger Sozialabgaben geben.

 

Was wird also nach Einführung eines BGE gesamtwirtschaftlich passieren?

 

Die Milchmädchenrechnung

Allerdings haben einige Befürworter des Grundeinkommens eine kleine Milchmädchenrechnung zur Hand. Sie bilden beim Thema Finanzierung flugs eine Quersumme aus allen sozialen Transferleistungen, gegenwärtig sind das knapp 900 Milliarden Euro, plus zugehöriger Verwaltungskosten – sodass sich ein BGE von 1’000 Euro ebenso flugs zu neun Zehnteln finanzieren lässt. Das ist natürlich Unsinn.

Es gibt tausenderlei Gründe, warum jemand grundsätzlich nicht erwerbstätig sein kann, und gleichwohl auf deutlich mehr als ein Grundeinkommen angewiesen ist. So werden etwa Menschen mit schweren körperlichen Einschränkungen auch nach Einführung eines Grundeinkommens zusätzliche – teils erhebliche – Leistungen erhalten. Entsprechende Ansprüche werden auch in Zukunft geprüft, abgewogen und verwaltet. Weshalb das BGE sicherlich nicht sämtliche Sozialetats überflüssig machen wird.

Tatsächlich aufgebracht werden muss das Geld zur Finanzierung eines Bedingungslosen Grundeinkommens – nach Abzug zumindest von Teilen der heute gezahlten Sozialtransfers – nur für jene, deren Einkommen unterhalb des fraglichen Betrags liegt. Wenn man von einem Grundeinkommen von zunächst 800 Euro ausgeht, dann kommt man auf eine «Finanzierungslücke» von etwa 70 Milliarden Euro.

Wie auch immer man rechnet, ein BGE lässt sich gewiss nicht aus der Portokasse bezahlen. Aber anders als in den Milchmädchenrechnungen, die bei Talkshows und Podiumsdebatten beredet werden, lassen sich für die fraglichen Summen sehr wohl Strategien zur «Gegenfinanzierung» eines BGE formulieren …

 

Es geht im Wesentlichen nicht darum, neue Geld- und Einkommensströme zu generieren. Wir müssen die existierenden nur vernünftiger organisieren. Hat man das begriffen, dann lassen sich auch grundsätzliche Umsteuerungen dieser Ströme rechnen.

Das war bei anderen historischen Systemwechseln – etwa von der Bestands- zur Einkommensbesteuerung oder bei der Einführung der gesetzlichen Sozialversicherung – nicht anders. Ohne Frage wäre die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens ein Systemwechsel. Niemand behauptet, dass er einfach wäre. Aber er ist politisch, rechtlich und auch finanziell möglich. Denn: Im Zuge der «Industrie 4.0» werden so viele Jobs wegfallen und nur wenige – zumeist für Top-Fachkräfte – neu entstehen, dass wir überhaupt keine andere Wahl haben, als ein BGE einzuführen.

 

Soweit unsere Ansichten in diesen drei Teilen auszugsweise dargestellt. Gerne können Sie diese unter dem Artikel kommentieren und zur Vertiefung auch unseren bisherigen Veröffentlichungen auf Trading-Treff nachlesen.

Herzliche Grüße senden Matthias Weik und Marc Friedrich

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