Es ist wirklich ein Mysterium. Seit Jahren zerbrechen sich die Menschen den Kopf über mögliche Goldpreismanipulationen im Fantasieland. Es gibt diejenigen, die glauben, dass der Goldpreis manipuliert wird und diejenigen, die in den Ungereimtheiten starke Argumente gegen diese Manipulation sehen. Und auch starke Korrelationen zwischen Gold und anderen Währungen geben immer wieder Rätsel auf. In dieser Kurzgeschichte werde ich Ihnen aufzeigen, wie es zu einem der großen Mysterien unserer Zeit kam.
Warum Sie diese Kurzgeschichte lesen sollten? Nun, ich bin der Staatschef vom Fantasieland. Damit bin ich verantwortlich für einen riesigen Markt – den Markt der Fantasien – und damit Entscheider für eines der wichtigsten Exportgüter. Sie sollten mir also zuhören.
Wie wir zu Reichtum kamen
Fantasieland war schon immer sehr fortschrittlich. Seit Jahrzehnten sind wir die Exportnation Nummer 1 im Bereich der Fantasien. Wir sind so erfolgreich, dass wir riesige Reserven außerhalb unseres Fantasielandes an fremden Währungen angehäuft haben. Dieser Prozess lief seit sehr langer Zeit. Allerdings kam es vor 10 Jahren zu einer großen weltweiten Krise. Andere Fantasieprodukte in anderen Ländern brachen zusammen und bedrohten die Ordnung der Finanzwelt. In dieser Situation hatte ich starke Bauchschmerzen bei der Entscheidung, das Staatsvermögen meines Volkes weiterhin in den Währungen unserer Fantasieabnehmer anzulegen. Es gab ein Problem.
Mittlerweile waren wir zum größten Gläubiger unseres größten Handelspartners aufgestiegen. Unsere Reserven legten wir immer wieder in Anleihen unseres Partners an. Als mich die Angst im Zuge der weltweiten Unordnung im Finanzsektor überkam, stand ich vor der Entscheidung, unseren Partner vor den Kopf zu stoßen oder aber trotz meiner Bedenken so weiter zu machen wie bisher. Natürlich besprach ich mein Unbehagen mit meinen Partnern aus Übersee. Nach einigen harten Verhandlungen kamen wir auf eine geniale Lösung für unser Problem. Die Früchte der jahrzehntelangen Arbeit sollten weiterhin bei unseren Partnern angelegt bleiben. Allerdings wollte ich Sicherheit für mein Volk. So vereinbarten wir eine Absicherung über einen wertvollen Bestandteil unseres Geldsystems – Gold.
Gold als Sicherheit
Gold war ein perfektes Medium für die Absicherung. Sollte es tatsächlich Probleme mit der Währung unserer Fantasie-Exporterlöse geben, würde aufgrund der Bedeutung dieses Wirtschaftsraumes sehr wahrscheinlich der Goldpreis steigen. Und genau diesen Anstieg würden unsere Partner ausgleichen und uns so die nötige Sicherheit geben. Alles war perfekt, meine Angst war besiegt und wir konnten so weiter machen wie bisher – jedenfalls fast.
Der Goldhunger
Eine Entwicklung, die wir damals nicht vorhergesehen haben, war der immer größere Goldhunger einiger Länder der Welt. Sie kauften Gold, wo und wann sie nur konnten und hätten damit den Goldpreis wohl dramatisch nach oben getrieben. Doch durch die modernen Kapitalmärkte standen unseren Partnern Mittel zur Verfügung, um den Goldpreis unter Kontrolle zu halten.
Diese Mittel wurden auch eingesetzt und sorgten so gleichzeitig für die Entkräftung von Verschwörungstheoretikern. Denn wer würde schon vermuten, dass unser Partner einen Preis künstlich niedrig halten, wenn damit auf der anderen Seite andere Staaten, die in Konkurrenz zu unserem Partner standen, so günstig Gold kaufen könnten. Nein, das würde nun mal keinen Sinn ergeben und würde gegen eine Manipulation des Goldpreises sprechen. Doch eine Sache bedachten wir nicht.
Die Währungen verraten das Spiel
Im Prinzip lief alles perfekt. Allerdings hatten wir von vornherein einen Umstand nicht bedacht. Das Abkommen zur Absicherung unserer Reserven bei unserem Partner verursachte Zahlungsströme. Diese wurden in regelmäßigen Abständen ausgeglichen und verursachten so deutliche Währungsverschiebungen – je nachdem wie der Goldpreis tendierte. So kam es zu einer Korrelation, die mittlerweile 10 Jahre anhält und eher stärker wurde. Grund sind Algorithmen und Handelsprogramme, die diese Korrelation aufspürten und noch verstärkten. Am Ende glich der Kurs der Fantasiewährung dem Spiegelbild des Goldpreises.
Doch nun kommen andere Zeiten. Der Vertrag ist ausgelaufen und die Fantasiewelt kann in ruhigere Fahrwasser gelangen. Um den Jahreswechsel beendeten wir die Absicherungsgeschäfte und alles was zurückblieb ist ein Spike im Währungschart der Fantasien, den sich die Marktteilnehmer (noch) nicht erklären können. Doch das ist nun nicht mehr unser Problem. Der Goldpreis kann nun wieder atmen, ohne unsere Partner in Probleme zu stürzen. Ein höherer Preis wäre sogar willkommen, denn das würde den Goldhunger anderer Länder wieder zügeln.