Eine einfache journalistische Frage deckt derzeit einen Umstand auf, der das Land Berlin in Erklärungsnot bringt. Denn es fehlt Steuergeld. Nicht durch eine Entwendung oder Betrug, sondern durch Zinsgeschäfte, welche nicht den erhofften Ertrag brachten. Die ganze Story dazu lesen Sie hier.
Zufällig entdeckt: Zinsgeschäfte vom Land Berlin
Das Vorgehen ist nicht verkehrt. Öffentliche Gelder sollen eingesetzt werden, um einen festen Zinssatz und damit Ertrag für Steuergeld zu erhalten. Dies kann mit Derivaten geschehen und ist ein Vorgehen, welches nicht nur Vermögensverwalter und Anleger nutzen. Aus Sicht der öffentlichen Haushalte wird damit die Planbarkeit erst möglich.
Nun stellten Journalisten von „DIE WELT“ an alle 16 Landesfinanzministerien die Frage, wie hoch der Anteil an Derivaten sei. Darauf gab es entsprechendes Feedback – nur nicht aus Berlin. Die Gründe sind schnell recherchiert, allerdings über den Weg der parlamentarischen Anfrage seitens der FDP. Wie sich vermuten läßt, ging die Spekulation schief.
Zinsgeschäfte des Landes Berlin im Minus
Ebenfalls in „DIE WELT“ zu lesen ist das Volumen der Zinsgeschäfte:
Insgesamt hält das Land Berlin 132 Derivate mit einem Gesamtvolumen von 7,7 Milliarden Euro. Die Zinswetten sind dabei tief im Minus: Der aktuelle Barwert der Papiere beträgt minus 1,7 Milliarden Euro.
Damit hat das Land Berlin die Zinsentwicklung falsch prognostiziert. Man kann davon ausgehen, dass hier auf einen steigenden Zins spekuliert wurde. Vor allem bei langen Laufzeiten. Im Volumen von insgesamt 320 Millionen Euro wurden beispielsweise Derivate mit einer Laufzeit bis 2048 erworben. Es stellt sich die Frage, ob solche langen Laufzeiten Sinn ergeben und man die Zinsentwicklung hier überhaupt absehen kann.
Die momentane Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank hatte demnach niemand für diese lange Zeitdauer auf dem Plan. Und niemand weiß, wie lange sie anhalten wird. Doch sind die Berliner damit allein gewesen?
Weitere öffentliche Gelder mit Verlusten
In Hessen wurden ebenfalls, wie vor einigen Wochen bekannt wurde, mehrere hundert Millionen Euro durch eine falsche Zukunftseinschätzung der Zinsen verloren. Bereits 2011 glaubten die Finanzexperten im Ministerium, dass der Zins auf dem Tiefpunkt sei. Sie sicherten sich 3,7 Prozent Zinsen auf eine Laufzeit von 40 Jahren. Wir wissen heute, dass dies (zumindest vorerst) eine Fehleinschätzung war. Der momentane Schaden und der Vorwurf somit beträgt rund 400 Millionen Euro. Dennoch weist Hessens Finanzminister den Vorwurf der „Spekulation“ zurück, wie auf diversen lokalen Webseiten wie Radio ffh zu lesen ist.
Ebenfalls in „DIE WELT“ ist eine Aufstellung aus dem Jahr 2016 zu finden, welche mehrere Bundesländer und deren Spekulationen mit Zinsen aufzeigt.
Hier fallen vor allem vier Bundesländer ins Auge. Was sollte man aus diesem Zahlenwerk ableiten?
Empfehlungen zu Zinsgeschäften
Eine Absicherung von Geldern bzw. auch die Sicherung eines Zinses für die Zukunft ist ein elementares Finanzgeschäft. Dies sollte auch für die öffentliche Hand gelten. Allerdings nicht uneingeschränkt und mit Summen, die einen Haushalt gefährden könnten. Hier gilt meines Erachtens ebenfalls, sich an ein vorab definiertes Risikomanagement zu halten und Verluste zu begrenzen, anstatt über eine lange Laufzeit dies sinngemäß „auszusitzen“. Es liegt fast schon auf der Hand, dass bei Laufzeiten von bis zu 40 Jahren die Entscheider ihre Verantwortung im Zeitablauf übertragen bzw. gänzlich abgeben werden. Leidtragender wären dann alle Steuerzahler.
Ihr Andreas Mueller (Bernecker1977)