Nach dieser historisch schwachen Woche an der Börse muss man erst einmal zur Ruhe kommen und die Ereignisse verarbeiten. Rund 14 Prozent gab der Deutsche Aktienindex nach, auf Monatssicht sogar 23 Prozent. Ist dieser Abverkauf übertrieben oder gibt es im Chartbild bereits Hoffnung auf eine Bodenbildung?
Märkte im Bann des Coronavirus
Bereits der Montag startete sehr schwach und drückte den DAX unter 11.000 Punkte. Verantwortlich dafür war jedoch noch nicht der Coronavirus, sondern die Eskalation im Ölkonflikt zwischen OPEC, Saudi Arabien und Russland. Höherer Förderquoten lasteten auf dem Markt und zogen den Ölpreis um 30 Prozent nach unten. Die Folgen für die Wirtschaft wurden recht düster skizziert und sorgten damit sofort zum Wochenstart für ein DAX-Minus von rund 8 Prozent.
Von diesem ersten Schock erholte sich der Aktienmarkt immer wieder nur temporär, ohne jedoch eine Erholungstendenz bis zum Handelsende zu halten. Die Folge waren immer tiefer Kurse im Wochenverlauf mit der Unterschreitung der 10.000 und Beinahe-Berühung der 9.000 am Freitag.
Nach dem Schock am Ölmarkt rückte das nächste Thema in den Fokus – der Coronavirus. Im Wochenverlauf verschärfte sich hier die Lage, über harte Einreisebeschränkungen in die USA und Grenzschließungen in Europa bis hin zu einer deutlichen Einschränkung des öffentlichen Lebens in Deutschland. Schulschließungen, weitestgehende Home-Office-Regelungen in großen Konzernen sowie Veranstaltungsaussetzungen lassen das öffentliche Leben in gänzlich neue Bahnen geraten und damit harte Einschnitte für viele Unternehmen vermuten. Dies nahm die Börse bereits vorweg. Eine Deutsche Lufthansa litt deutlich, Reiseveranstalter ebenso und wie tiefgreifend die Einschnitte bei Umsätzen in anderen Branchen ausfallen, kann nur geschätzt werden.
Nicht schätzen muss man die Kursnotierungen, sondern sie sind so zu akzeptieren, wie sie verliefen. Es war ein nahtloser Übergang von Anfang März aus betrachtet, welcher von folgender Trendlinie sehr gut ablesbar und dominiert wurde:
Dabei entstanden genau an den runden 1.000er-Marken von 11.000 zum Wochenstart und 10.000 zur Wochenmitte GAPs in Trendrichtung, welche weiteren Widerstand boten:
Sie dienten insbesondere Daytradern als Orientierung und gute Einstiege in Trendrichtungen, wie ich im Webinar beispielsweise aufzeigte. Ebenso war bei der hohen Vola natürlich das Trading einer Korrektur möglich. Hier galt es besonders auf das Risikomanagement zu achten, denn jede Erholung war bisher nur ein „Strohfeuer“ im Abwärtstrend.
Ein entsprechendes Beispiel aus dem Webinar vom Donnerstag sehen Sie hier:
In Summe kam es nur am Freitag zu einem positiven Handelstag. Dabei nahm die Schwankungsbreite der Kursnotierungen stetig zu. Von 438 Punkten am Montag bis 921 Punkten am Freitag! Ebenso stieg das Volumen der gehandelten Assets deutlich und zeigt hierbei, dass es zu großen Umschichtungen am Kapitalmarkt kommt.
Doch wohin geht diese Umschichtung, könnte man sich fragen? Sie betrifft meines Erachtens den gesamten Markt und geht in Richtung Liquidität. Dafür spricht, dass auch der Goldpreis im Wochenverlauf und noch einmal deutlicher am Freitag unter Druck geriet. Marktteilnehmer könnten sich somit erst einmal aus dem Markt nehmen und den weiteren Verlauf der Krise abwarten.
Die Angst am Kapitalmarkt war global zu spüren. Allein das Barometer für die erwartete Schwankungsbreite VDAX stieg mit über 71 Zählern auf ein Niveau, welches wir nur noch aus der Finanzkrise 2008 kennen. Das Pendant in den USA „VIX“ erreichte sogar Rekordstände. Denn an der Wall Street kam es gleich zu mehreren Handelsaussetzungen in dieser Woche. Ein Eingriff in den freien Markt, der Marktteilnehmer an gewissen Verlustschwellen vor unüberlegten Reaktionen schützen soll. Mit dem zweitgrößten prozentualen Tagesverlust seit mehr als 30 Jahren avanciert der Dow letztlich zu einer der schlechtesten Wochen in seiner gesamten Historie.
Die Tagesübersicht weist alle Werte noch einmal im Detail auf:
Auf Monatssicht ist der März nun deutlich dominant in unserer Statistik. Er führte die Ende Februar eingeleitete Korrektur brutal fort und setzt sich deutlich negativ nach oben ab:
Ist die Lage hoffnungslos oder die erste Panik leicht überzogen?
Ausblick auf die neue Handelswoche
Das Momentum ist in der Tat erschreckend, doch wo Verkäufer im Affekt handeln, bieten sich auch immer wieder gute Chancen. Intraday sowieso, wie ich gerne in den sozialen Kanälen aufzeige, und langfristig dürften hier auch ein paar spannende Kursniveaus bei Einzelwerten erreicht sein.
Unterstützung kam bereits von den Notenbanken, sonst wäre die Lage vielleicht noch brisanter gewesen. Nach der überraschenden Leitzinssenkung der US-Notenbank FED und der Bank of England waren die Augen daher in dieser Woche auf die EZB gerichtet gewesen. Sie zog hierbei nicht mit und stellte nur weitere Maßnahmen bei Verstärkung der Krise in Aussicht. Ist die Lage aus Sicht der EZB noch zu verkraften? Immerhin stellte die FED den Märkten rund 1,5 Billionen Dollar an Liquidität zur Verfügung und beruhigte damit zumindest temporär. Natürlich hat auch die EZB reagiert und weitere Anleihekäufe in Höhe von 120 Milliarden bis Jahresende eingeplant. Weiterhin soll es besonders günstige Kredite der EZB an Banken geben, um eine Kreditklemme zu vermeiden und damit kleinen Unternehmen indirekt helfen zu können. Zusagen unserer Bundesregierung in Form von unbegrenzten Krediten schlagen hier den gleichen Wortlaut an und könnten am Markt erst einmal temporär für Ruhe sorgen.
Dies ist auch notwendig beim Blick auf das große Chartbild. Dort sind wir nun auf dem Niveau des Jahres 2015 angelangt:
Ob wir im Bereich der letzten beiden Handelstage knapp über 9.000 Punkten einen Boden von Dauer erreicht haben, kann niemand seriös sagen. Da Börse aus vielen Marktteilnehmern besteht, die oft aus psychologischen Gründen heraus eine Entscheidung treffen, kann sich dieses Momentum durchaus noch weiter auf der Unterseite fortsetzen.
Sobald sich die News-Situation jedoch aufhellt, beispielsweise das soziale Leben wieder an Fahrt gewinnt und Unternehmen positive Meldungen streuen (hier sind sicherlich die Hersteller von Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln ganz weit vorne), könnten auch Anleger wieder den Fokus auf Kauforders richten.
Im Trading fokussiere ich mich daher auf Marken im Chartbild und versuche auch Bewegungen auszureizen, also Stopps zu versetzen, um damit von der erhöhten Volatilität zu profitieren.
Für den Montag orientiere ich mich somit an den Verlaufspunkten im Endlos-Kontrakt und den XETRA-Marken. Hier stehen auf der Oberseite die runde 10.000 und die 9.700 im Fokus. Auf der Unterseite ist die 9.300 ein erneut spannendes Level, darunter das XETRA-Schlusskursniveau der Woche bei 9.231 Punkten und natürlich die Wochentiefs.
All diese Marken sind im Chartbild verzeichnet:
Wie geschildert, betrug die Bandbreite der Bewegung am Freitag mehr als 900 Punkte. Insofern ist ein Handel an diesen Marken vermutlich am Montag mehrfach möglich – in welcher Reihenfolge ist für mein Trading nicht maßgeblich, da ich vorrangig auf die Marktbewegung reagiere und mir nicht vorab ein „Wunschszenario“ zurechtlege. Genau diesen Ratschlag möchte ich Ihnen mit auf den Weg in die neue Handelswoche geben.
Termine in der Kalenderwoche 12/2020
Der Montag wartet mit keinen wichtigen Terminen im Wirtschaftskalender auf, dafür dann der Dienstag mit der Arbeitslosenquote aus England um 10.30 Uhr und den Konjunkturerwartungen aus Deutschland basierend auf der ZEW-Umfrage um 11.00 Uhr. 13.30 Uhr stehen dann aus den USA Daten zum Einzelhandel an.
Am Mittwoch werden 11.00 Uhr die Verbraucherpreise aus der EU vermeldet. Am Abend um 19.00 Uhr dürfte dann mit der FED-Sitzung der Termin der Woche stattfinden. Legt die US-Notenbank nach der überraschenden Zinssenkung Anfang März noch einmal nach? Dies kommentiere ich wieder live im JFD-Webinar.
Der Donnerstag steht dann im Zeichen der Zinsentscheidung der Bank of Japan und 13.30 Uhr wie gewohnt die US-Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung.
Freitag runden dann die Erzeugerpreise aus Deutschland 8.00 Uhr und am Nachmittag noch Daten aus Kanada die Termine der Woche ab. Sie finden diese mit Prognosen an folgender Stelle oder hier als Übersicht:
Kommen Sie unbeschadet durch diese hochvolatile Zeit an den Märkten und natürlich bei bester Gesundheit. Diese ist weitaus wichtiger.
Ihr Bernecker1977 (Andreas Bernstein)
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Der Handel mit Finanzprodukten ist risikoreich. Sie können Ihr eingesetztes Kapital verlieren. Diese Analyse ist keine Handelsempfehlung und enthält lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.